Hamburger Tunnel Münster
verbinden
Als Fahrradstadt hat sich Münster einen Namen gemacht. Aber nicht nur die Fahrräder ziehen zahlreiche Besucher nach Münster, auch der Hafen, der Dom und der Prinzipalmarkt mit der Aneinanderreihung von Giebelhäusern sind ein Wahrzeichen der Stadt. Der Hamburger Tunnel erstreckt sich unterhalb der Bahngleise und verbindet die Altstadt mit dem Hansaviertel. Auch von der Ostseite bildet der gerade fertiggestellte Bremer Platz einen einladenden Zugang zum Bahnhof. Lediglich der Hamburger Tunnel bleibt als einziger Angstraum in dieser Verbindungsachse bestehen.
Ziel der Architekten ist es in erster Linie, die Verbindung der beiden Stadtteile zu stärken und eine sichere und attraktiveTunneldurchfahrt zu schaffen. Der Hamburger Tunnel wird verstärkt von Radfahrern genutzt (Fußgänger nutzen eher die nördlich gelegene Bahnhofspassage), daher zielt das Gestaltungskonzept auf die fließende Bewegung des Fahrradfahrens ab.
takten
Die prägnante Fassadengestaltung in der Altstadt von Münster haben sich die Architekten als Vorbild für die Taktung des Tunnels genommen. Die Fassaden am Prinzipalmarkt sind besonders durch ihre Arkadengänge und horizontal durchlaufenden Linien strukturiert. Gleichzeitig unterscheiden sie sich durch leicht unterschiedliche Hausbreiten und Dachhöhen. Dieses Prinzip der harmonischen Taktabfolge wird von den Architekten auf den Hamburger Tunnel übertragen, um dort eine abwechslungsreiche und interessante Abfolge beim Durchqueren zu schaffen.
Die Anordnung der zukünftigen Stichflure zu den Aufzügen ist in der Taktabfolge bereits miteingeplant, sodass mit den Durchbrüchen ein minimaler Eingriff notwendig wird und ein stimmiges Gestaltungskonzept entsteht.
bewegen
Der Verkehrsraum im Tunnel ist aktuell sehr unstrukturiert. Der nördlich liegende Gehweg ist kaum von der Straße abgesetzt und für Nutzer nicht klar erkennbar. Die Fahrspur für Radfahrer (und Feuerwehr / Polizei) wird durch unkontrolliert parkende Fahrräder eingeschränkt - insgesamt bietet sich ein Bild der Verwahrlosung.
Die neue Aufteilung soll eine klare, sichere und freundliche Verkehrsführung gewährleisten. Dafür wird der Gehweg mit einer Breite von 2,50m auf der südlichen Tunnelseite geführt. Die Radspuren verlaufen auf der nördlichen Seite, mit jeweils 2,40m breiten Spuren je Richtung. Die Gehweganhebung um 10 cm mit einem Bordstein sorgt für eine klare Trennung und steigert die Sicherheit für Fußgänger. Im Bereich der Stichflure zu den Aufzügen wird der Bordstein abgesenkt und die gemeinsam genutzte Fläche durch farbige Streifen markiert.
leuchten
Die beiden gegenläufigen Verkehrsrichtungen werden jeweils von einem durchgängigen Lichtband begleitet. An den beiden Eingängen wird der Lichtstreifen bis nach außen gezogen und leitet jeweils die Radfahrenden in den Tunnel. Durch eine Akzentuierung der Tunneleingänge wird die Wegeführung verdeutlicht.
Die Farbigkeit des Lichtbands orientiert sich an den umgebenden Stadtteilen: Hafenbecken und Hansaviertel (blau), Promenade/Grüngürtel um die Altstadt (grün) und historische Altstadt (braunrot). Darüber hinaus strahlt das Lichtband auch neutrales Licht nach oben und unten, mit dem Ergebnis, dass die Verkehrswege vorschriftsgemäß ausgeleuchtet werden und eine sehr gute Aufenthaltsqualität sichergestellt wird.
Die Radiant-Folie streut das Licht in allen Regenbogenfarben, abhängig vom jeweiligen Standort und der Bewegung des Betrachters, sodass durch die wechselnden Farbeffekte ein interaktiver Eindruck entsteht. Weil die Stilelemente Licht und Farbe im Gegensatz zur Dunkelheit positiv besetzt sind und weil durch das Changieren und Mitlaufen der unterschiedlichen Farben interessante Stimmungen und Effekte entstehen, wird das Durchqueren des Tunnels als anregend und eben nicht abstoßend empfunden.
SCHOYERER ARCHITEKTEN_SYRA realisierten derartige Lichtstreifen bereits im Goethetunnel in Mainz. Dort wurden ebenfalls die verschiedenen Parameter Farbe und Licht in langen kastenartigen Bändern gebündelt und auf industrielle Massenprodukte wie LED-Technik und modernste Folientechnik zurückgegriffen.
strukturieren
Unterhalb des Lichtbands werden - analog zu den unterschiedlichen Fassadenabschnitten am Prinzipalmarkt - verschiedene Felder angeordnet. Diese Einzelfelder teilen den Tunnel in Abschnitte ein. In diesen Feldern werden Fliesen mit unterschiedlichen 3-dimensionalen Mustern platziert. Insgesamt entsteht ein harmonisches Gesamtbild. Im Bereich der späteren Stichflure werden beidseitig leicht versetzte Spiegelflächen vorgesehen.
Bei Realisierung der Stichflure werden die Spiegelflächen an der Südseite abmontiert. Die Durchbrüche verlaufen senkrecht zum Tunnel und werden durch abgerundete Öffnungen aufgeweitet, was den Sichtbezug in den Tunnel verstärkt und zur Sicherheit im Verkehr beiträgt. Die Stichflure werden, ähnlich zum Lichtband, farblich abgesetzt. So wird deutlich, dass der rotbraune Flur auf die Gleise 1-2 und der blaue Flur auf Gleis 7-8 führt.
wahrnehmen
An den Eingängen begleiten – im Sinne der Op-Art – Wechselbilder mit jeweils zwei Motiven den Nutzer bei der Tunneldurchfahrt. Das Motiv ändert sich je nach Blickwinkel des Nutzers. Thematisch sind beim Hineinfahren in den Tunnel Fahrräder zu sehen, und beim Hinausfahren Motive und Schriftzüge mit Hinweisen auf das Fahrziel. Am Ausgang in Richtung Berliner Platz ist die stilisierte Fassadenabfolge am Prinzipalmarkt zu sehen sowie der Schriftzug „Altstadt“ zu lesen. Am Ausgang in Richtung Bremer Platz wird die Silhouette der markanten Hafengebäude und des Krans gezeigt, sowie der Schriftzug „Hafen“.
Die jeweilige Veränderung der Motive wird nur durch die Bewegung des Betrachters wahrnehmbar und stärkt somit das Fließen des Verkehrsstroms.
verweilen
Der Bestandstunnel weist eine durchgängige Breite auf, welche sich jeweils erst bei den Tunneleingängen aufweitet und dort aktuell noch verwahrloste Nischen schafft. Um diese Angsträume zu vermeiden, werden hier Nutzungen vorgesehen, die den Tunnel beleben und den Verkehr nicht stören.
Die Nutzungen befinden sich an der südlichen Tunnelseite und profitieren von dem hier angeordneten Gehweg. Auf der Westseite mit Orientierung zum Berliner Platz erweitert eine Kaffeebar das Gastronomieangebot am Bahnhof. Die Anordnung am Tunneleingang wertet auch die gegenüberliegenden Geschäftsräume auf und sorgt für soziale Kontrolle. Das Lichtband wird im Bereich des Cafés in den Innenraum gezogen und betont den vorhandenen Rücksprung und Tunnelverlauf an dieser Stelle.
Die Aufweitung auf der Ostseite ermöglicht durch die Anordnung eines großen Schaukastens die Ausstellung von z.B. Studienarbeiten der örtlichen Universität. Der Schaukasten füllt die vorhandene Nische mit einer schräg verlaufenden Glasfassade. Hier verläuft das Lichtband vor der Glasfassade, um die Verkehrsteilnehmer noch stärker in den Tunnel zu leiten.
sichern
Durch die abwechslungsreiche Fassade mit Lichtspiel und 3-D Strukturen erfährt nicht nur der Nutzer eine attraktive Wegeführung, es wird auch dem Vandalismus stark vorgebeugt. Alle Oberflächen sind extrem robust und leicht von Verschmutzung zu reinigen.
nutzen
Durch die Neugestaltung des Hamburger Tunnels wird ein Ort geschaffen, mit dem sich die Nutzer identifizieren können und welcher durch seine abgestimmte Gestaltung eine attraktive Verbindung zwischen den Stadtteilen schafft. Der von Radfahrenden hochfrequentierte Tunnel erfährt durch die Neugestaltung eine stärkere Klarheit, die Tunneleingänge werden deutlicher und es wird klar in welche Richtung man sich bewegt. Damit wird der Hamburger Tunnel zu einer noch wichtigeren Radverbindung in der Stadt, welche die Menschen zusammenbringt und die Vielfalt und Dynamik der Stadt widerspiegelt.






