Brückenschlag Bad Neuenahr-Ahrweiler
In Zusammenarbeit mit BIERBAUM.AICHELE.landschaftsarchitekten und B+G Ingenieure Bollinger und Grohmann
„Ich denke nicht an all das Unglück, sondern an all die Schönheit, die noch übrig ist“
-Anne Frank
Die Verfasser schlagen als städtebauliche, bzw. freiraumplanerische Leitidee ein integrales Gesamtkonzept vor. Durch die Reduktion auf fließende Linienführungen werden die Brücken als Teil des Landschaftsraumes entlang der Ahr wahrgenommen und nicht als eigenständige Bauwerke, welche in einem architektonischen Kontext zu den umgebenden Stadträumen interpretierbar wären. Die Brückenoberflächen ergeben sich hinsichtlich ihrer Wegeführung durchgängig barrierefrei aus der - aufgrund der Flut von 2021 - überarbeiteten Geländetopographie. Die Brücken ragen kaum über die neue Böschungsoberkante hinaus. Sowohl auf Stadtniveau, als auch im Böschungsbereich entstehen Orte mit hoher Aufenthaltsqualität.
Kurgartenbrücke
Zur Aufweitung des Ahr-Querschnittes wird die neue Kurgartenbrücke in Richtung Martin-Luther-Kirche verlängert. Die einhergehende Verkürzung der Platzfläche wird durch die Ausbildung der Brückenoberfläche als Shared Space gut kompensiert. Weiterhin verbleibt dort die Einbahnstraße in Nord-Süd-Richtung, mit barrierefreiem Gegenverkehr von Radfahrern und Fußgängern. Diese Fläche führt als großzügiger Boulevard von der Innenstadt zum Kurpark und der Hotelanlage. Aufgrund der flachen Brückenkonstruktion werden die attraktiven Blickbezüge über die Ahr nicht beeinträchtigt. Um sowohl einen schlanken Querschnitt mit einem ausreichend hohen Freibord zu erzielen, als auch die Tragstruktur für hohe Nutzlasten inkl. Schwerlastverkehr auszulegen, wird als System eine Integrale Brücke in konventioneller, schlaff bewehrter Stahlbetonbauweise gewählt. Das Querschnittsprofil der Brücke wird beidseitig an den Ufern mittels der Tiefgründung eingespannt. Somit wird der Querschnitt in den problemlosen, ufernahen Bereichen ausgenutzt, während die Struktur im potenziellen Hochwasserbereich schlank ausgebildet wird. Als Deckschicht wird der Plattenbelag vom Kirchplatz über die Kurgartenbrücke fortgeführt. Auf beiden Seiten verlaufen 1,30m hohe Brüstungen aus Stabstahlgeländer, mit im Handlauf integrierter LED-Beleuchtung. Im Widerlagerbereich steht jeweils ein Laternenmast. Die gesamte Platzfläche ist sicher, angenehm und blendfrei ausgeleuchtet.
Casinobrücke
In der Fortführung der Casinostraße verbindet der neue Casinosteg die Innenstadt in Richtung Bahnhof und dem Parkhaus des Kurhauses. Die Breite von 4 m sichert die gemeinschaftliche Nutzung von Fußgängern und Fahrradfahrern (mit Gegenverkehr). Über topografisch angelegte Rampenanlagen und die beiden Stahlbeton-Widerlager führt der neue Steg als intergrale Brückenkonstruktion in Holzbauweise. Der Oberbau ist monolithisch mit den Widerlagern verbunden. Die Auswahl des konstruktiven Systems basiert hier unter dem Ansatz, sowohl die Herstellungskosten, als auch die Instandsetzungskosten, aufgrund des Entfalles wartungsintensiver Bauteile, wie Lagern und Dehnfugen, zu senken. Kunstharzbeschichtete Betonplatten stellen die rutschfeste Oberfläche für die Nutzer, sowie den Witterungsschutz für die blockverleimten Brettschichtholzträger dar. Das System, sowie das Materialkonzept sind so gewählt, dass die ufernahen und im Hochwasserfall dem möglichen Treibgut ausgesetzten Bauteile in
Stahlbetonbauweise ausgeführt werden, während das Brückendeck als Holzquerschnitt, sowohl durch den leichten Bogenstich, als auch durch die beidseitige Einspannung schlank ausgebildet ist, um einen auskömmlichen Freibord zu gewährleisten. Der konstruktive Holzschutz wird über einen zulaufenden Trapezquerschnitt des Brückendecks gewährleistet. Im Falle eines Hochwassers liegt das Holzdeck oberhalb der Wasserlinie. Auf beiden Seiten verlaufen 1,30m hohe Brüstungen aus Stabstahlgeländer mit im Handlauf integrierter LED- Beleuchtung, zur Ausleuchtung der gesamten Stegbreite.
Hochwasserschutz
Die Verbreiterung des Ahr-Querschnittes erfolgt aufgrund der Flut von 2021. Zwischenpfeiler werden vermieden und Widerlager werden strömungsgünstig geformt. Somit sichert der neue Ahrquerschnitt den Durchfluss ohne Gefahren durch Verklausung und Aufstau. Beide Brücken halten jeweils die neuen HQ100-Linien ein. Auch die 1m Freibordhöhe zur Brücken-unterkante wird bei beiden Brücken nahezu zu 100% eingehalten.
Wegenetz
Am Kirchplatz und entlang der Lindenstraße werden verkehrsreduzierte „Shared Space“-Flächen angelegt und über Rampen erfolgt die barrierefreie Anbindung an die Promenade entlang des Wassers. Aufgrund der Wegeführung unterhalb der Brückenbauwerke erhalten diese Bereiche besondere Bedeutung.
Die Wegeführung unterhalb der Kurgartenbrücke wird ca. 50 bis 70cm unter dem Wasserspiegel der Ahr gewählt. Eine ca. 90cm hohe Brüstungsmauer trennt den Wasserlauf vom Weg. Durch diese besondere Nähe zur Wasseroberfläche und durch die glatte, dynamisch geformte und helle Oberfläche der Brückenuntersicht werden Phänomene wie Lichtspiele, Reflexionen, Fließgeräusche und Echos spielerisch erlebbar.
Die Wegeführung unterhalb des Casinostegs ermöglicht das Verweilen auf einer pontonartigen Platte und den Blick auf die gegenüberliegenden Sitzstufen.
Freiraumkonzept
Kirchenvorplatz (Nordufer)
Eine großzügige Sitzstufenanlage am nördlichen Brückenkopf des Kirchenvorplatzes der Martin-Luther-Kirche, bietet dem Betrachter einen uneingeschränkten Blick über die Ahr hinweg zum Kurpark und dem historischen Kurhotel und stellt somit einen markanten und attraktiven Treffpunkt für alle dar.
Promenade (Nordufer)
Das nördliche Ufer wird zur klassischen Promenade unter Einbezug der neusten Erkenntnisse zu Biodiversität und Klima-Resilienz. Der oberhalb des Wiesendammes geführte Promenadenweg ermöglicht durch seine Breite von nahezu 4,5 m, insbesondere für den Mobilitätseingeschränkten, ein bequemes Flanieren. Etwas vom Weg zurückgesetzte, in einem großzügigen Wildstaudenband integrierte Sitznischen, bieten einen hohen Erholungswert mit großer Aufenthaltsqualität. Der ca. 5 m breite Blütenstreifen, begleitet den Promenadenweg auf der gesamten Länge der Allee. Die Promenade wird außer des in nördlicher Richtung parallel verlaufenden Erschließungsweges, ausschließlich fußläufig genutzt. Lediglich durch die axialen Durchstiche der Straßenkorridore von Hans-Flick- und Casinostraße wird das Alleenband für den Fuß- und Radverkehr unterbrochen und die Promenade
geöffnet. Die beiden Straßenkorridore finden ihren Endpunkt in Sitzstufen am Wasser.
Casinobrücke
Im weiteren Verlauf führt die Casinobrücke mobilitätseingeschränkte Menschen, sowie Radfahrer und Fußgänger, in einer großzügigen Leichtigkeit barrierefrei aus der Verlängerung der Casinostraße, am Casinoplatz vorbei, hinüber zur Promenade.
Kurgartenstraße /Kurgartenplatz /Kurpark
Die lückenhaft vorhandene Allee der Kurgartenstraße wird durch zueinander versetzte Neupflanzungen ergänzt. Im Bereich des neuen Brückenkopfes entsteht eine platzartige Aufweitung als attraktive Aussichtsterrasse.